Anforderungen an eine menschlich-ökologische Bedürfnisbefriedigung

Wenn die Menschen als individuelle Subjekte ihr wechselseitiges und gesellschaftliches Zusammenwirken tätigen, muss auch davon ausgegangen werden, dass ihnen keine äußeren Zwänge auferlegt werden. Nicht einmal die ökologischen Erfordernisse kommen von außen auf sie zu, sondern es entspricht den innersten Bedürfnissen jedes Menschen, nicht auf Kosten der Natur zu leben und sich zu entwickeln. Denn der Zusammenhang der Selbstentfaltung, dass ich mich nur entfalten kann wenn die anderen sich entfalten können, gilt auch für meine Mitwelt. Was ich gegen andere Individuen und gegen die Natur erreiche schadet mir letztlich selbst. Es wird deshalb darauf ankommen, gesellschaftliche Formen der individuellen Bedürfnisbefriedigung (also der Wirtschaft im weitesten Sinne) zu entwickeln, bei denen keine äußeren Mächte bestimmen wirken. Weder persönlich-direkte Machtformen wie etwa in feudalen Strukturen, noch sachlich-abstrakte Vermittlungsformen wie die Selbstverwertungsmechanismen des Kapitals bzw. die Warenform der füreinander erzeugten Güter noch fremdbestimmte Normen "für Ökologie" oder "Solidarität" sind dann bestimmend. Individuen und Menschengruppen, die selbst über die Art und Weise der Bedürfnisbefriedigung bestimmen können, haben nichts davon, wenn sie ihre Umwelt zerstören oder andere Menschen übervorteilen oder gar ausbeuten. Die Formen, in denen sie dann untereinander freie Vereinbarungen über Kooperationen und die Ressourcenverwendung eingehen, werden sie entsprechend den konkreten Erfordernissen selbst erzeugen, das brauchen wir nicht für sie tun. Wir würden sie (bzw. uns selbst in der Zukunft) entmündigen, wenn wir jetzt abstrakte Forderungen im Voraus erheben würden ("Seid ökologisch! Seid solidarisch!"). Es liegt im Interesse der Menschen selbst, mit ihrer inneren, aber auch der äußeren Natur so umzugehen, dass sie sich wechselseitig in ihrer Entfaltung voranbringen. Die Technik, die sie in diesem Sinne erzeugen, nannte Ernst Bloch "Allianz-Technik" (Bloch 1985: 813). Sie ist eine "Entbindung und Vermittlung der im Schoß der Natur schlummernden Schöpfungen" (ebd.) und sie überlistet die Naturkräfte nicht, sondern "verwendet die Wurzel der Dinge mitwirkend" (ebd.: 805). Eine wahrhaft menschliche Produktionsweise ist deshalb von vornherein eine ökologisch verträgliche, wobei die Ökologie nichts Statisches darstellt, sondern auch in der äußeren Natur eine sich entwickelnde, schöpferische Tendenz vorausgesetzt werden kann.
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Selbstentfaltungs-Gesellschaft






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