Ökologie und Ökonomie sind unvereinbar! Ausbeutung von Mensch und Natur funktioniert nur dann uneingeschränkt, wenn die Menschen keine andere Wahl haben. Daher ist es ein Grundprinzip, den Menschen ihre Selbstorganisationsfähigkeit zu nehmen, um sie für die Verwertung im Kapitalismus gefügig zu machen. Der Prozeß der Zerschlagung selbstorganisierter Lebensformen (Subsistenz, direkter Handel oder Tausch, ebenso aber auch kulturelle Entwicklungen, Kommunikation usw.) ist in den ärmeren Staaten dieser Welt noch in vollem Gange bzw. hat unter dem Begriff "Globalisierung" sogar eine besondere Härte entwickelt. Zur Ausbeutung der Menschen kommt die Ausbeutung der Natur, die selbst grundsätzlich wehrlos ist und nur von Menschen im Rahmen der Selbstbestimmung in ihren Regionen als Wert definiert und verteidigt werden könnte. Doch das endet unter dem Druck auf die Menschen, sich selbst und die natürlichen Ressourcen in ihren Regionen dem Zugriff des Profitstrebens freizugeben. Alternative Ansätze der Ökonomie haben bislang nur Teilaspekte der Verwertungslogik und Machtstruktur aufheben können oder sind in diesem zentralen Punkt gänzlich unwirksam geblieben.
Die Alternative zur Alternative: Keine Ökonomie Das Zielbild einer herrschaftsfreien Gesellschaft sieht die Menschen im Mittelpunkt. Alle Menschen sind frei und gleichberechtigt. Was zwischen ihnen bzw. zwischen den Organisationen und Gruppen, zu denen sich Menschen zusammenschließen, geschieht, erfolgt auf der Ebene freiwilliger Vereinbarungen. Die Existenz von Strukturen, die den Menschen die Regelung ihres Zusammenlebens abnehmen, widerspricht dem Prinzip der Selbstbestimmung. Folglich gibt es auch keine ökonomischen Strukturen, die nicht von den Menschen selbst gewollt, getragen und organisiert werden – keinen Handel, kein Wirtschaftsministerium, keine Welthandelsorganisation und keine Bank, die nicht direkt aus dem Willen und der Vereinbarung der Menschen entspringen. Eine herrschaftsfreie Gesellschaft ist nicht das Ende von Austausch, Handel und Zusammenarbeit von Menschen und ihren Zusammenschlüssen, aber alle Institutionen und Organisationen verschwinden, die heute auch dann weiterexistieren, wenn es keine Menschen gibt, die sie wollen und tragen (außer denen, die es machen, um damit Geld zu verdienen). Auf dem Weg zu einer Gesellschaft ohne oder mit weniger Ökonomie sind verschiedene Teilschritte denkbar, die allein das Ziel nicht erreichen, aber dem immer ein Stück näher kommen. Absicherung durch Grundsicherung oder Subsistenz Subsistenz bedeutet die Fähigkeit, sein Leben selbst zu organisieren. Das beinhaltet die Möglichkeit zur Befriedigung der Grundbedürfnisse (Nahrung, Wasser, je nach Wohnort ein Dach über dem Kopf und Heizung u.ä.) und zur Entwicklung der kulturellen Gemeinschaft zwischen Menschen. Die Absicherung von Menschen kann vor der Auflösung zentraler ökonomischer Strukturen über verschiedene Wege führen. Diskutiert wird bereits die finanzielle Absicherung über eine Grundversorgung, d.h. ein staatlich gesichertes Gehalt. Dieses darf nicht an Bedingungen geknüpft sein, weil es sonst in gleicher Weise wie ein Arbeitsplatz zu konformen Verhaltensweisen führt, also nicht absichert, sondern kanalisiert. Sinnvoller, vor allem in Hinblick auf eine Weiterentwicklung in Richtung einer herrschaftsfreien Gesellschaft, wäre die Absicherung über materielle Wert, vor allem einen Anteil am Bodenbesitz. Diese müssen unverkäuflich sind, damit nicht über Zwang, ökonomischen Druck u.ä. diese Sicherungen wieder entfallen bzw. bei wentigen zusammengeführt werden. Bei einer Absicherung über einen Anteil am Boden können die Menschen selbst entscheiden, ob sie diesen selbst bewirtschaften, anderweitig nutzen oder aber verpachten (auf welcher Tauschbasis auch immer) bzw. mit anderen gemeinsam nutzen. Individueller und gemeinsamer Abbau ökonomischer Zwänge Ein hoher materieller Lebensstandard ist daher für Menschen ohne vorhandenes Kapital gleichbedeutend mit starken Zwängen, d.h. der Notwendigkeit, den Gegenwert der materiellen Güter zu erwirtschaften. Der einfachste Teilschritt, sich ökonomischen Zwängen zu entziehen, ist daher die Beschränkung der im freien Markt erworbenen, materiellen Werte und Dienstleistungen. Das ist nicht gleichbedeutend mit Verzicht. Zum einen entsteht ein Gewinn: Zeit und Freiheit. Zum anderen gibt es für die Schaffung eines ausreichenden Lebensstandards auch Alternativen zum Markt, z.B. Tausch oder Eigenproduktion. Zu den Möglichkeiten, den materiellen Bedarf zu senken, gehören auch Eigentumsgemeinschaften: Wo Sachwerte nicht individuell zugeordnet, sondern von mehreren genutzt werden, sinkt der wirtschaftliche Druck auf den Einzelnen, diese zu beschaffen, instandzuhalten usw. Der bekannteste Fall solcher Eigentumsgemeinschaften sind das CarSharing oder geteiltes Hauseigentum. Am konsequentesten sind Gütergemeinschaften, d.h. die Teilung aller materiellen Werte innerhalb eines Zusammenschlusses von Menschen in freier Vereinbarung. Dezentralisierung von Politik und direkte Demokratie Jeder Schritt gesellschaftlicher Machtverlagerung nach unten sowie verbesserter Beteiligungsrechte für die BürgerInnen bedeutet einen Fortschritt hin zur Herrschaftsfreiheit. Zur Zeit bietet sich aber nur ein geringer Rahmen für solche Veränderungen. Die Bemühungen um direkte Demokratie stärken die Rechte der Menschen für Einzelfälle und meist außerhalb vieler Politikbereiche, die von der Entscheidungsbefugnis ausgenommen sind. Verbesserungen der Beteiligungsrechte für alle Menschen bzw. die BürgerInnen einschließlich des vollen Einsichtsrechts werden auch die Mitwirkungsmöglichkeiten bei ökonomischen Entscheidungen stärken, vor allem bei der Gewerbeansiedlung und Flächennutzung. Zudem stellt die direkte Demokratie die Mittel bereit, per BürgerInnen oder Volksentscheid weitergehende Veränderungen durchzusetzen. Zerschlagung/Entmachtung zwangausübender Wirtschaftsinstitutionen Das richtige Tun ist ein Teil des Ganzen, würde aber angesichts der Übermacht der bestehenden Ordnungsstrukturen nur in Nischen eine Chance haben und in der Wirkung nur wenige Menschen erreichen. Es gilt, sich gegen Institutionen und Organe, die ökonomische Zwänge ausüben, zu erheben. Viele von ihnen können unter Druck gesetzt werden, wenn sich viele Menschen einig wären in der Verweigerung und in ihrem Protest, z.B. durch
Ökonomie von unten Wo ökonomische Strukturen bleiben (das wird am Beginn des Veränderungsprozesses fast überall, mit zunehmendem Abbau ökonomischer Zwänge und Institutionen immer seltener der Fall sein), muß sie von den Menschen getragen und organisiert, d.h. selbstverwaltet, sein. Wenn alle verbleibenden Arbeitsstrukturen selbstverwaltet organisiert wären, wäre eine Ausbeutung von Mensch und Natur schwerer möglich. Im günstigsten Fall gibt es die folgenden Wirkungen, wenn alle Bereiche selbstverwaltet sind, also wirtschaftliches Handelns nur noch entsteht, wenn sich Menschen in freier Entscheidung dazu entschließen.
Dezentralisierung ökonomischer Strukturen Je direkter wirtschaftliche Kontakte organisiert werden, desto einfacher wird es möglich, daß die beteiligten Menschen diese selbst verwalten. Daher sind kleinräumige Strukturen des Wirtschaftens und Handels kleine Schritte in Richtung des Abbau ökonomischer Hierarchien. Konkrete Anfänge sind Tauschringe, Tauschhandel, Kooperativen, Direktvermarktung und gemeinsames Eigentum. Der Text ist die Kurzfassung des Kapitels "7.5 Weniger Ökonomie ... und die von unten" aus dem Buch "Perspektiven radikaler, emanzipatorischer Umweltschutzarbeit", daß im April 1999 im IKO-Verlag erschienen ist (39,80 DM, Autor: Jörg Bergstedt). Darin werden genauere Ausführungen zum Thema gemacht, zudem finden sich Statements und ergänzende Texte. ![]() |
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