Sartre, Adorno und die Freiheit

Die Grundlage Jean-Paul Sartres Philosophie ist es, dass die Existenz des Menschen die Voraussetzung für sein Wesen ist. Der Mensch wird ins Leben geworfen; er existiert, ob er will oder nicht. Existieren heißt aber für den Menschen, Möglichkeiten in Wirklichkeit umzuwandeln. Dadurch ist er dazu verurteilt, Entscheidungen zu treffen. Dem kann man sich nicht entziehen, denn auch der Entschluss alle Entscheidungen Anderen zu überlassen, einem Moralprinzip zu folgen und selbst der Entschluss zum Freitod, der endgültigen Flucht aus der Existenz, muss selbstständig getroffen werden.
Der Mensch hat immer mehr als eine Möglichkeit - er ist frei - und er muss sich entscheiden (keine Entscheidung zu treffen ist auch eine Entscheidung) - damit ist er zur Freiheit verurteilt.
Diese Freiheit wird, wie es auf den ersten Blick scheint, durch die anderen Menschen gefährdet. "Die Hölle, das sind die Anderen", weil sie den Einzelnen ständig auf etwas festlegen wollen und mit ihren Erwartungen die Freiheit, sich immer wieder neu zu entscheiden, eingrenzen. Es wird kaum einem möglich sein, den Blick der Anderen völlig zu ignorieren; in irgendeiner Form (Anpassung oder Rebellion) reagiert jeder darauf.
Sartre zeigt jedoch auch, dass die eigene Freiheit immer die Freiheit aller Anderen einschließt. Ein Mensch kann seine Freiheit nicht gegen die Freiheit der Anderen ausspielen, weil er nur frei sein kann, wenn sie es auch sind. Neben den konkreten, anderen Menschen gibt es aber noch die gesellschaftlich geprägten Vorstellung, die in unseren Köpfen sitzen, dazu unten mehr.
Die völlige Freiheit stellt den Menschen vor eine große Verantwortung, da er sich für alles, was er tut, entschieden hat und damit für seine Handlungen und ihre Folgen verantwortlich ist. Problematisch sind dabei Entscheidungen, die nicht bewusst getroffen wurden.
Der Frankfurter Philosoph Theodor Adorno hat festgestellt, dass der Kapitalismus über den Köpfen hinweg durch die Köpfe hindurch herrscht. Das heißt erstens, dass die jetzige Gesellschaft über die Menschen hinweg, ohne ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen, herrscht (Das Ziel jedes Unternehmens ist (und muss sein, denn sonst ist es Verlierer im Wettbewerb) das Profiterwirtschaften sein. Menschen sind dabei nur Wirtschaftsfaktoren, ihre Bedürfnisse werden höchstens nebenbei befriedigt). Das heißt aber auch, dass der Kapitalismus durch Werte, Normen und Moralvorstellungen ganz tief in den Köpfen der Menschen sitzt. Nur wer sich dessen bewusst wird, kann entscheiden, diese Werte und Normen zu akzeptieren oder sie abzulehnen.
Der Mensch lebt nicht als isoliertes Individuum im luftleeren Raum, sondern wird immer von der Gesellschaft durchdrungen, in der er lebt und die er selbst mitgestaltet. Da der Mensch der Gesellschaft jedoch nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern sie selbst (wenn auch nur zu einem sehr geringen Teil) mitgestalten kann, ist er wieder frei und für die gesamte Gesellschaft mitverantwortlich.
Daraus schlussfolgert Sartre, dass es im Krieg keine unschuldigen Opfer gibt, weil alle Menschen, die in einer Epoche leben, etwas dazu beitragen, dass diese Epoche ist, wie sie ist, und diesen Krieg hervorbringt, und damit für den Krieg verantwortlich sind. Dieser Verantwortung kann sich niemand entziehen, weil der Mensch dazu verurteilt ist, frei zu sein.
Die Philosophie Sartres scheint den Menschen mit der Last der Verantwortung niederzudrücken. Sie befreit aber gleichzeitig auch von der Vorstellung, in unserem Leben sei irgendetwas vorgeschrieben.


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