Was ist ein System?

In allgemeinen Wörterbüchern finden wir zur Kennzeichnung von Systemen den Verweis darauf, daß sie etwas "geordnet Zusammengesetztes" sind - was sich heutzutage auch mathematisch gut abbilden ließe. Da die ganze Welt eine zusammengesetzte ist, besteht die Frage eigentlich darin, wie sich verschiedene Systeme unterscheiden lassen, quasi "aus der Welt herausschneiden" lassen. Dazu dient die Unterscheidung verschiedener Ordnungsformen. Schon die unterschiedlichen physikalischen Wechselwirkungsarten konstituieren verschiedene - quasi "durch sie geordnete" - Weltbereiche, also Systeme (gravitativ bestimmte Systeme, wie z.B. Galaxie, Planetensysteme... oder Plasmasysteme, wie Sterne etc.). Jedes System hat dabei eine von anderen unterschiedene innere Bestimmtheit, ein von anderen unterschiedenes (unterscheidbares) Wesen. (vgl. Schlemm 1996, S. 47).

Ein System ist eine "relativ stabile, geordnete Gesamtheit von Elementen und Beziehungen, die durch die Existenz bestimmter Gesetze, d.h. allgemein-notwendiger und wesentlicher Zusammenhänge, charakterisiert ist." (Hörz/Wessel 1983, S. 45).

Objektivität

Manchmal wird angenommen, in der Welt sei "alles eins", die Unterscheidungen würden nur durch den menschlichen Verstand in die Welt hineininterpretiert. Jedoch ist es nach Erkenntnis moderner Systemkonzepte geradezu typisch für Systeme, daß sie sich real selbst erzeugen. In der Ökologie zeigt sich diese eigenständige Regulationen deutlich: "Vom tropischen Regenwald weiß man, daß er seine Umgebung auf die Erzeugung von Regen hin ausrichtet..." (Lovelock, S. 234).
Das Wesen wird nicht nur durch den Betrachter hinein"gesehen" und "gedeutet", sondern auch die Gegenstände sind "so beschaffen..., daß sie eine Wesentlichkeit oder ein Fürsichsein an ihnen haben." (Hegel. Phänomelogie, S. 168) Nicht der Beobachter definiert die Linien/Ränder/Grenzen, sondern das System selbst.

 

Eigengesetzlichkeit

Die hierarchische Strukturierung der Welt führt dazu, daß jede Elementebene gegenüber ihren Momenten ebenfalls Systemcharakter hat und i.a. Systeme selbst wieder Momente/Elemente übergeordneter Systeme darstellen. Dabei ist für jedes System seine wesentliche Struktur und Entwicklungstendenz durch die für seine Ordnung typischen Gesetze festgelegt (in Grenzen, die durch Qualitätssprünge der Entwicklung angezeigt werden). Die jeweiligen Elemente jedoch unterliegen einem Möglichkeitsfeld. Dadurch erweist sich die durchgängige Bedingt- und Bestimmtheit der Welt als offen für Möglichkeiten - denn jedes System (für das eine notwendige Tendenz der Evolution durch seine Gesetze bestimmt ist), ist ja selbst gegenüber übergeordneten Systemen wieder Element und dadurch Träger eines Möglichkeitsfeldes und nicht vollständig durch das übergeordnete System bestimmt. Gegenüber jedem Element ist das System jedoch immer auch eine Einheit, deren Evolution gegenüber ihren Elementen eigenständig abläuft.

 

Konkret statt abstrakt!

Die allgemeine Systemtheorie führt das Denken auf einen verhängnisvollen Pfad: den der Beschränkung aufs Abstrakte. Tatsächlich jedoch entspricht dem Systembegriff nur dann eine reale Gegebenheit, wenn sie konkret ist, d.h. voller realer objektiver Widersprüche - speziell wenn er "in seiner Beziehung auf sein Entgegengesetztes sich erhaltendes Ding" (Hegel 1807, S. 187) ist. Systeme sind nichts dem Einzelnen Übergestülptes - sondern sind Entwicklungsformen, die sich in ständigen Prozessen befinden. Als solche Entwicklungsformen stellen sie gegenüber dem Einzelnen durchaus etwas Allgemeines dar. Aber dieses Allgemeine kann nicht über oder außerhalb des Einzelnen gesucht werden, sondern ist in jedem Einzelnen (als Besonderem) enthalten.

(siehe auch zum konkret-Allgemeinen)

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1807): Phänomelogie des Geistes, Hamburg
Hörz, Herbert; Wessel, Karl-Friedrich (1983): Philosophische Entwicklungstheorie, Berlin
Lovelock, James (1993): Das Gaia-Prinzip. Die Biosphäre unseres Planeten, Frankfurt am Main, Leipzig
Schlemm, Annette (1996): Daß nichts bleibt, wie es ist... Teil I. Kosmos und Leben, Münster
Schlemm, Annette, im Internet: Systemtheorie; http://www.thur.de/philo/assyst.htm (1997/98)

Zum Projekt "Gesetze in Natur und Gesellschaft"

Philosophische Betrachtungen zum Systembegriff (als Ganzes und als Totalität)



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