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Quarks Schicksal

Glücklicherweise ist die vierte Staffel von Star Trek: Deep Space Nine nun auch wieder beendet. Diese Raumstation hat überhaupt nichts mehr von der wunderbaren Atmosphäre der Enterprise. Da passieren Sachen, die an jedem gewöhnlichen Fernsehabend x-mal in den Straßen von New York oder Berlin oder Kleinkleckersdorf auch passieren: Persönliche Intrigen, Gerangel, manchmal moralische Entscheidungen usw. Zwar thematisch auf Zukunft getrimmt (es sind Außerirdische oder die angesprochenen Moralprobleme kommen erst, wenn wirklich Embryonen in andere Mutterleiber verpflanzbar sind usw.), aber des Ganze könnte auch auf der Erde spielen, die kosmische Umwelt ist nur noch Tapete und sieht immer gleich aus.

Dieser Verlust an kosmischen Begebenheiten und unendlichen Weiten läßt mich nur noch mit stark nachlassendem Interesse verfolgen, was da so auf Deep Space Nine passiert. Ich kann sehr gut verstehen, wieso sich Worf hier so fremd fühlt (und auf diese Vertrautheit mit Worfs Gefühlen setzen die Filmemacher anscheinend auch schon wieder und manipulieren mich damit!).

Wenn ich in der Vorschau auch noch lese, daß der komische Ferengi Quark im Mittelpunkt der Episode steht, dann schau ich nur hin, wenn ich wirklich gerade Zeit habe. Seit der Einführung der Ferengi in das Star Trek Universum haben sie schon enorm an Profil gewonnen und auch Quark wurde immer differenzierter geschildert. Das ist schon eine Leistung. Aber in der Episode über "Quarks Schicksal" wich die Ferengi-Unlust bei mir endgültig einem großen Vergnügen an dieser Figur. Nachdem der Bruder von Quark, Rom, schon durch seine Gewerkschaftsgründung seine Emanzipation von dem Ferengi-Leben und -geschäftsgebahren erkämpft hatte, nahm nun auch Quarks Leben eine Wende. Erst eher unfreiwillig geriet er in eine fast unlösbarer Situation: Er hatte gedacht, in sechs Tagen sterben zu müssen. Um auch daraus noch Profit zu schlagen, verkaufte er seinen gefriergetrockneten Körper scheibchenweise an einen meistbietenden anonymen Käufer. Schon an dieser Stelle kommt Quark kurz ins Grübeln, ob er sein Leben richtig gelebt hat. Er meint, sich auf Deep Space Nine nicht so recht als Ferengi-Geschäftsmann entfalten zu können. Als sein Bruder vorsichtig andeutet, daß hier auch andere Dinge, wie z.B. Freunde, wichtiger seien, weist Quark ihn unwirsch ab.

Quarks Arzt hatte sich aber geiirt (oder war bestochen worden) und Quark durfte weiterleben. Jetzt kam jedoch sein Körper-Käufer. Das war sein Erzfeind vom Ferengi-"Geheimdienst", der auf diesem Wege Quark ausschalten wollte. Er forderte die Vertragserfüllung ein. Bei den Ferengi "ist ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag". Vertragsbruch führt zum Entzug aller Vermögen für die gesamte Familie und den Ausstoß aus der Ferengi-Geschäftsgemeinschaft. Quark will sich lieber töten lassen, als seine Ferengi-Geschäftsmann-Ehre und das Vermögen seiner Familie aufs Spiel zu setzen... Eine Weile zumindest. Ein Traum bringt ihn davon ab. Er sieht sich in der Entscheidung des "Alles oder Nichts". Er ist so in die Enge getrieben, daß er dem Geheimdienstmann mutig entgegentritt - und auf seinen größten Besitz: sein Vermögen und seine Geschäftsfähigkeit als Ferengi verzichtet. Danach sitzt er ganz allein - nicht einmal sein Hemd gehört noch ihm - in der ausgeräumten Bar... Als sein Bruder dazukommt und ihn fragt, wie es weitergehen soll, weiß er es nicht. Er läßt sich aber auch kein Hemd von seinem Bruder schenken. Das läßt der Rest von Stolz in ihm nicht zu.

Die Bar ist öd und leer. Doktor Bashir kommt mit einem Kasten Schnapsflaschen rein, die er unbedingt loswerden muß und hier passen sie doch hin... Gleich darauf kommt Jadzia mit ein paar Gläsern, die sie so schrecklich geschmacklos findet und deshalb hier ablädt. Als Quark schon enttäuscht ist, weil er mit einem Kasten Schnaps und sechs Gläsern doch keine Bar wieder aufmachen könne - marschieren Dutzende Leute mit Stühlen durch die Tür, angeführt von Captain Sikso, der Quark mitteilt, daß er aufgrund von Vorfällen anderswo unbedingt einen Haufen Möbel irgendwo abstellen müsse und er habe gehört, hier sei gerade Platz geworden... Quark gelingt es auf diese Weise sogar noch, Abstellgebühren vom Captain zu bekommen. Er schüttelt fast nur noch den Kopf, ist sprachlos - während sein Bruder noch etwas von einer anderen Form von "Vermögen" sagt...

Muß ich nun noch viel schreiben über die Art Weltanschauung, die in dieser einen Episode drinsteckt? Das Vermögen, Freunde zu haben, statt Geld anzuhäufen als Botschaft trägt nun doch noch den alten Geist der Enterprise in sich. Ich erinnere mich auch wieder an die Gewerkschaftsgründung, an die Verhinderung der Militärdiktatur durch Sisko trotz Bedrohung durchs Dominion. Dies alles ist zwar noch keine "frohe Botschaft" - steht aber diametral entgegengesetzt zu allem, was real abläuft auf dieser Welt an Politik und auch in der Ideologie (ich erinnere nur an das Spektakel "Independence Day", in dem die Aliens wieder nur böse und der amerikanische Präsident die rettende Lichtgestalt sind...).

Es ist doch schade, daß diese Staffel schon wieder vorbei ist. Ab und zu braucht man mal einen Schub an guten Gefühlen. Vielleicht aber ist genau jetzt die Zeit, an die eigenen Freunde zu denken und ihnen die Zeit zu widmen....

Annette Schlemm, 12.11.96

 

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